Ukraine: Kriegswoche 2

Karte: Viewsridge / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0

Zu Beginn der Woche verlangsamte sich das russische Angriffstempo. Vielerorts kamen die Angriffe ganz zum Stehen. Wahrscheinliche Ursachen dafür waren der ukrainische Widerstand und Probleme bei der Versorgung der russischen Truppen. Im Süden ist die Ukraine fast vollständig vom Asowschen Meer abgeschnitten. Um die nordwestlich von Kiew gelegene Stadt Irpin wird erbittert gekämpft. Wie es scheint, sind Teile der Stadt durch russischen und ukrainischen Artilleriebeschuss zerstört worden. In Kiew selbst ist die Lage angespannt. Präsident Selenskyj hat Waffen an die Bevölkerung verteilen lassen. Gemäß der Aussage eines in der Stadt lebenden Ausländers hätten vor allem die kriminellen Banden davon profitiert. Die Zahl der Raubüberfälle, Vergewaltigungen etc. sei nach der Waffenverteilung sprunghaft angestiegen. Bandenkämpfe würden nun mit automatischen Gewehren ausgetragen. In der Stadt würde Chaos herrschen.

Die NATO hat Russland die Verwendung von Streubomben vorgeworfen. In den sozialen Netzwerken kursieren Videos, die das zu bestätigen scheinen. Eine vom ukrainischen Präsidenten geforderte Flugverbotszone durch die NATO wird es nicht geben, da dies den Krieg zwischen der NATO und Russland bedeuten würde.

Während der Kämpfe um das Atomkraftwerk Saporischschja ist in einem Gebäude der Anlage ein Feuer ausgebrochen, das bald darauf gelöscht wurde. Die Ursache ist ungeklärt. Laut ukrainischen Angaben sei das Feuer durch den russischen Beschuss ausgebrochen. Nach russischen Meldungen sei das Feuer durch ukrainische Saboteure verursacht worden. Auf diese Weise habe die ukrainische Forderung zur Errichtung einer Flugverbotszone durch die NATO unterstrichen werden sollen. Das AKW wurde von russischen Truppen besetzt, der sichere Betrieb sei gewährleistet. Eine erhöhte Strahlung sei bisher nicht aufgetreten.

Die ukrainische Botschaft in Berlin hat die Bundesregierung um die Lieferung von Kampfpanzern und U-Booten gebeten. Sollte es wider Erwarten dazu kommen, müssten die ukrainischen Besatzungen erst auf den ihnen unbekannten Panzern ausgebildet werden. Das würde vielleicht noch Sinn ergeben, aber die Forderung nach U-Booten ist rätselhaft. Die notwendige Ausbildung der ukrainischen Matrosen würde Monate dauern. Die Türkei hat die Dardanellen für Kriegsschiffe gesperrt. Selbst wenn die Sperre aufgehoben oder ein Transport auf dem Landweg erfolgen würde: Von welchem Hafen aus sollten die U-Boote operieren? Odessa? Das wäre wenig aussichtsreich. Der Einsatz von rumänischen oder bulgarischen Häfen aus würde einen Krieg zwischen Russland und der NATO auslösen. Das wäre auch der Fall, wenn die U-Boote aus irgendeinem anderen Hafen der NATO aufbrechen und in der Ost- oder Nordsee, im Atlantik oder im Mittelmeer russische Schiffe angreifen würden. Die Ausweitung des Krieges könnte natürlich das Ziel der ukrainischen Regierung sein. Eine alternative Erklärung wäre ein möglicher Verkauf der U-Boote durch die Ukraine an einen interessierten Dritten (Taiwan?), um im Gegenzug andere Rüstungsgüter zu erwerben.

Gegen Ende der Woche wurden die russischen Angriffe verstärkt, u. a. gegen Großstädte. Ukrainische Zivilisten, die während einer Feuerpause aus Mariupol evakuiert werden sollten, wurden auf ihrer Flucht beschossen. Nach ukrainischen Angaben sei das Feuer von russischen Truppen eröffnet worden. Laut russischen Berichten seien ukrainische paramilitärische Verbände für den Beschuss verantwortlich, da diese die Zivilisten in der Stadt zurückhalten und als menschliche Schutzschilde verwenden wollten.

Zur weiteren Entwicklung: Es hat den Anschein, als wolle die russische Armee von Norden (westlich an Kiew vorbei) und von Süden her (via Cherson) die Ukraine teilen und so die Ostukraine vollständig isolieren. Dieser gewaltige Kessel würde dann vermutlich in immer kleinere Kessel geteilt werden. Ob das tatsächlich so geplant ist und, falls dem so sein sollte, ob es auch gelingt, bleibt abzuwarten. Um dieses Ziel zu erreichen müssten die russischen Verbände die ungefähr 250 Kilometer breite Lücke schließen sowie Ausbruchsversuche aus dem Osten und Entsatzangriffe aus dem Westen abwehren.