Der Agent – Eine Begriffsbestimmung

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In Filmen und Romanen, aber auch in der Berichterstattung sämtlicher Medien wimmelt es von Agenten, wobei in vielen Fällen Personen als „Agenten“ bezeichnet werden, die keine sind. Oft wird den festangestellten Mitarbeitern diverser Nachrichtendienste unterstellt, Agenten zu sein. Tatsächlich ist ein Agent per definitionem kein regulärer Angehöriger eines Nachrichtendienstes, sondern ein freier Mitarbeiter. Er wird aus einem Personenkreis rekrutiert, der für den anwerbenden Nachrichtendienst interessant ist. Ein Agent übermittelt seinem Auftraggeber Informationen, zu denen er Zugang hat, die aber eigentlich vertraulich oder geheim sind. In den meisten Fällen bekommt er dafür Geld. Neben der finanziellen Verlockung kann ein potenzieller Agent durch Drohungen, Versprechungen oder sexuelle Verführung geworben werden. Weitere Motive für die Agententätigkeit sind Frust, politische, ethische, religiöse oder ökologische Überzeugungen.

Somit ist klar, dass ein „BND-Agent“ kein festangestellter Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes ist, sondern eine Person, die vom BND heimlich angeworben wurde. Sollte dagegen ein BND-Mitarbeiter ein Agent sein, hieße das, dass er im Auftrag eines anderen Nachrichtendienstes handelte. Er wäre also ein Verräter. (Die Begriffsverwirrung hat ihre Ursache vermutlich darin, dass die Bezeichnung „Agent“ in anderen Sprachen eine abweichende Bedeutung hat. So ist ein Special Agent des FBI oder des NCIS in den USA tatsächlich offiziell bei seiner Behörde angestellt.)

Der Agent erhält seine Anweisungen von einem Agentenführer. Dieser bildet einen Puffer zwischen dem Agenten und dem Nachrichtendienst. So kann der Agent, falls er gefasst werden sollte, nur den Agentenführer identifizieren, von dem er lediglich den Decknamen kennt. Er kann nicht einmal sicher sein, für wen er tätig geworden ist: Wenn beispielsweise ein Israeli einen Palästinenser als Agenten rekrutieren will, tut er dies möglicherweise in der Maske eines Kanadiers.

Der Agent muss jede erhaltene Zahlung quittieren. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass der Agentenführer nicht einfach irgendwelche Agenten erfindet und das Geld selbst kassiert. (In der Praxis lässt sich das nicht immer vermeiden.)

Ein Nachrichtendienst tut (zumindest theoretisch) alles, um seine Agenten zu schützen. Deren Identität ist nur wenigen Mitarbeitern bekannt. Der Schutz des Agenten bzw. einer anderen Quelle zieht sich durch die gesamte Arbeit eines Nachrichtendienstes. So darf ein Dokument, das die Aufschrift „Quellenschutz“ trägt, niemals an Personen außerhalb des Nachrichtendienstes weitergegeben werden. Auch der Abschlussbericht für die politischen Entscheidungsträger muss so abgefasst werden, dass niemand Rückschlüsse auf die Quelle ziehen kann.

Die Polizei, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz nennen ihre Agenten V-Leute. Das V soll für das lateinische Wort vigilans (aufmerksam) stehen. Aus diesem Grund wurden Agenten früher auch als Vigilanten bezeichnet. Andere Quellen erklären das V zur Abkürzung von „Vertrauen“. Weitere Synonyme für Agent sind Konfident (hauptsächlich in Österreich), Spion, Spitzel, Gewährsperson. (Die Verwendung des Begriffs Spion ist, im Gegensatz zum Agenten, nicht eindeutig geklärt. In der Alltagssprache werden auch festangestellte Angehörige von Nachrichtendiensten als Spione bezeichnet.)

Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR bezeichnete seine Agenten als Inoffizielle Mitarbeiter (IM). Die IM wurden, abhängig Funktion und Einsatzort, in acht Kategorien eingeteilt. So gab es z. B. den Inoffiziellen Mitarbeiter zur politisch-operativen Durchdringung und Sicherung des Verantwortungsbereiches (IMS), der ohne besonderen Anlass verdächtige Personen melden sollte. Dagegen stellte der Inoffizielle Mitarbeiter zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens (IMK) der Staatssicherheit seine Wohnung für konspirative Treffen zur Verfügung. Alle Arten des IM aufzuzählen ist an dieser Stelle nicht möglich.

Nicht mit Agenten zu verwechseln sind die Informanten. Diese werden nicht angeworben, sondern treten von sich aus an den Nachrichtendienst heran, um Informationen anzubieten. Sie entscheiden selbst, was, wann und wie lange sie liefern. Der Nachrichtendienst hat kaum Kontrolle über sie. Oft bleiben Informanten anonym. Nichtsdestotrotz sind auch Informanten bei den Nachrichtendiensten gern gesehen. Ihnen werden vielfältige Möglichkeiten einer Kontaktaufnahme geboten; so z. B. kostenlose oder günstige Telefonnummern auf der Homepage des Nachrichtendienstes. Im Ausland werden absichtlich schlecht getarnte Außenstellen eröffnet, an die sich potenzielle Informanten wenden können. Eine solche Außenstelle wird als Residentur oder walk in bezeichnet.